Autor – Wolfgang Klimt, Bereichsleiter Delivery,Consol Consulting & Solutions Software GmbH
Das Internet der Dinge beschreibt die lückenlose Vernetzung von Geräten und Komponenten über das Internet. Es verspricht langfristig eine Steigerung von Wirtschaftlichkeit, Leistungsfähigkeit, Komfort, Sicherheit und Produktivität in vielen Bereichen des Alltags und der Wirtschaft. Ein Beispiel ist das vernetzte Haus – das Smart Home: Dabei lassen sich durch das intelligente Zusammenspiel von Heizung, Licht und Hausgeräten Komfort und Sicherheit steigern und der Energieverbrauch senken. Oder Industrie 4.0, wo durch den Einsatz von Sensoren Produktions- und Logistikprozesse vollständig automatisiert werden – und zwar über die gesamte Wertschöpfungskette. Und auch im Handel verspricht das Internet der Dinge zahlreiche Vorteile: Warteschlangen an der Kasse etwa könnten bald der Vergangenheit angehören – dank RFID-Chips an jedem Produkt.
Es ist eine Chance für Deutschland, einen wichtigen Beitrag bei Geräten und Technologien zu leisten. Und diese auch im eigenen Land federführend einzusetzen. In der Praxis gibt es allerdings noch zahlreiche Herausforderungen, die Unternehmen, Politik und Verbraucher gemeinsam bewältigen müssen, bis sich das Internet der Dinge tatsächlich im Alltag etablieren kann.
Die technische Basis schaffen
Experten schätzen, dass bis 2020 weltweit rund 50 Milliarden Geräte vernetzt sein werden – Autos, Fabriken, Roboter, Consumer Electronics oder einzelne Komponenten. Jedes vernetzte „Ding“ benötigt dabei eine eigene IP-Adresse. Hier liegt bereits die erste Hürde: Es erfordert die umfassende Verfügbarkeit des Internetprotokolls IPv6, um diese große Anzahl notwendiger IP-Adressen vergeben zu können. Und es ist ein flächendeckender Ausbau von Breitbandinternet notwendig, um alle Regionen gleichermaßen am Internet der Dinge teilhaben lassen zu können. Beides – IPv6 und Breitbandinternet – ist jedoch noch entfernt von einer flächendeckenden Verbreitung.
Eine weitere wichtige technische Voraussetzung ist zudem die Energieversorgung der Dinge, die nicht direkt an eine dauerhafte Stromversorgung angeschlossen sind wie zum Beispiel intelligente Kleidung oder Wearables. Konzepte wie Energy Harvesting, also das „Ernten“ von Umgebungsenergie (Wärme, Licht, kinetische Energie) sind hier spannende und Erfolg versprechende Ansätze. Die Halbleiterindustrie forscht zudem an der Entwicklung von Geräten mit minimalem Energieverbrauch. Ein weiterer Knackpunkt sind einheitliche Protokolle und Standards für den Datenaustausch, auf die sich die Industrie noch nicht einigen konnte. Statt einer einheitlichen Protokollschicht kursieren konkurrierende und teils inkompatible Standards, die die Vernetzung unterschiedlicher Geräte und Systeme erschweren.
Unternehmensführung wird datengetrieben
Das Internet der Dinge basiert darauf, dass einzelne Geräte automatisiert Informationen an ein Gesamtsystem liefern, zum Beispiel über ihren Status, ihre Auslastung, ihren Standort, ihr Lebensalter und weitere Parameter. Durch die intelligente Nutzung und Kombination dieser Daten mit externen Informationen – etwa zu Rohstoff- und Strompreisen oder Wetterdaten– lassen sich zahlreiche Optimierungspotenziale realisieren. Zum Beispiel können Unternehmen so Maschinenkapazitäten bestmöglich ausnutzen, Produktionsabläufe perfekt planen und flexibel auf Kundenwünsche und Marktbedingungen reagieren. Und dieses sehr dynamisch. Geschäftsentscheidungen basieren zukünftig immer weniger auf menschlichem Wissen und Erfahrungen, sondern sind zunehmend datengetrieben. Mithilfe der richtigen Algorithmen können so bei Entscheidungen sehr umfassende Zusammenhänge berücksichtigt werden.
Um jedoch die Daten aus dem Internet der Dinge auswerten und in Beziehung zueinander setzen und daraus die richtigen Rückschlüsse ziehen zu können, bedarf es IT-Systeme, die in der Lage sind, flexibel große Datenmengen zu verarbeiten. Und zwar in der Finanzbuchhaltung genauso wie in der Warenwirtschaft, bei der Produktionsplanung und -steuerung, im Lager und bei der Logistik. Hier kommen neben leistungsstarken, integrierten Unternehmenssystemen Big-Data-Technologien wie SAP HANA oder Hadoop ins Spiel. Ihre Eigenschaften wie zum Beispiel das Ermöglichen von Echtzeit-Analysen riesiger Datenmengen sind Grundvoraussetzungen für eine global-dynamische, vernetzte Wirtschaft. Hier sind Unternehmen gut beraten, sich jetzt mit Big Data auseinanderzusetzen.
Im Spannungsfeld zwischen Sicherheit, Einfachheit und Kostendruck
In einem System, in dem alles von Daten und Konnektivität abhängt, gibt es eine weitere zentrale Frage: Sicherheit. Daten sind der Rohstoff der Zukunft – ihre Sicherheit muss also gewährleistet sein. Es geht dabei zum einen um den Transportweg, den die Informationen vom Sensor oder Gerät bis zum Speicher zurücklegen. Hier ist eine lückenlose Verschlüsselung notwendig. Zum anderen muss die Sicherheit der Speicher selbst diskutiert werden. Hier stellt die Cloud für einige Geschäftsbereiche durch ihre kostengünstige und schier unbegrenzte Speicherkapazität eine gute Alternative dar. Daten sind innerhalb eines Unternehmens nicht zwangsläufig sicherer als bei einem externen Anbieter oder in der Cloud. Fast immer ist sogar das Gegenteil der Fall: Cloud- oder Outsourcing-Anbieter verfügen oft über wesentlich höhere Sicherheitsstandards als Unternehmen in ihren eigenen Rechenzentren oder Server-Umgebungen. Dennoch gilt es abzuwägen, welche Daten ausgelagert sein sollen und welche nicht.
Unternehmen müssen sich auch auf erhöhte Sicherheitsanforderungen zum Beispiel bei der Authentisierung und Autorisierung von Geräten einstellen und geeignete Strategien und Lösungen dafür entwickeln. Zugriffskontrollen und die Rechtevergabe werden in vernetzten Systemen immer wichtiger, um Sabotage oder Manipulation so gut wie möglich zu verhindern. Komplexe Systeme wie das Internet of Things benötigen zudem immer einen doppelten Boden. Sie müssen redundant ausgelegt sein, damit ein Ausfall einzelner Komponenten nicht das gesamte System stören kann. Je vernetzter die Systeme sind, desto wichtiger sind Konzepte für Hochverfügbarkeit und Ausfallsicherheit. Dabei stehen Firmen im Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach 100-prozentiger Ausfallsicherheit (Zero Downtime) und begrenzten IT-Budgets. Es bedarf individueller Analysen der Systeme, der darauf abgebildeten Geschäftslogik sowie der vorhandenen Organisation, Stichwort Risk Management, um das geeignete Konzept für jedes Unternehmen individuell zu ermitteln.
Das Internet der Dinge stellt zudem Entwickler vor zusätzliche Aufgaben. Die Systeme und Geräte müssen auch dann noch beherrschbar sein, wenn tatsächlich Teile oder Komponenten einmal ausfallen oder fehlerhafte Informationen senden. Das betrifft Haushaltsgeräte genauso wie komplizierte Industrieanlagen und gelingt über eine intelligente Steuerungslogik. Zudem sollen die Geräte einerseits offen sein für die Vernetzung, dabei aber ein Höchstmaß an Datenschutz und Sicherheit bieten. Und in ihrer Bedienbarkeit von der Inbetriebnahme bis hin zur Wartung einfach, preislich günstig und dazu auch noch kompakt und handlich sein. Und natürlich sollen immer mehr Geräte immer schneller auf den Markt gebracht werden. Dadurch werden Entwicklungszeiten kürzer, worunter das Qualitätsmanagement leiden kann, wenn beispielsweise billige oder nicht ausreichend geprüfte Komponenten verwendet werden. Hier sind einerseits Hersteller gefordert, neue Geschäftsfelder für hardwarenahe Programmierung zu schaffen und das Qualitätsmanagement noch ernster zu nehmen. Für den Verbraucherschutz sind Aufklärung und zusätzliche, neue Prüfsiegel oder Zertifikate notwendig. Hier sollten sich Politik und Wirtschaft zusammentun.
Fazit
Auf dem Weg zum Internet der Dinge müssen noch Hürden aus dem Weg geräumt werden. Vermutlich wird die Klärung aller offenen Fragen und die Entwicklung wirklich allgemeinverständlicher und massentauglicher Bedienkonzepte noch fünf bis zehn Jahre in Anspruch nehmen. Das Internet der Dinge steckt also noch in der Konzeptionsphase. Sind aber erst einmal alle Probleme gelöst und Bedenken ausgeräumt, wird es sich fest in den Alltag integrieren und das berufliche und private Leben in vielen Bereichen positiv unterstützen.
www.consol.de
Wolfgang Klimt, Bereichsleiter Delivery bei Consol. Die Consol Consulting & Solutions Software GmbH ist ein Münchener IT-Full-Service-Anbieter für Mittelstandskunden und große Konzerne. Als neutrales IT-Beratungshaus bietet Consol optimale Lösungen. Zum Portfolio des IT-Dienstleisters mit Spezialisierung auf komplexe IT-Systeme gehören Beratung, Architektur, Entwicklung, Integration, Monitoring und Testing sowie Betrieb und Wartung.